8 Min

10-Tagesfrist am Jahresende – So nutzt du die steuerliche EÜR-Grauzone

Anders als bilanzierende Unternehmen kannst du dir als Einnahmenüberschussrechner am Jahresende Inventurarbeiten, Bewertungen von Lagerbeständen, Forderungen und Verbindlichkeiten sowie aufwendige Jahresabgrenzungen sparen. Denn das Prinzip der Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) ist vergleichsweise einfach. Der Rechenweg lautet:

Betriebseinnahmen – Betriebsausgaben = Gewinn.

Für die Zuordnung der Geschäftsvorgänge zu einem bestimmten Geschäftsjahr gilt das Zufluss- und Abflussprinzip. § 11 EStG definiert Einnahmen und Ausgaben wie folgt:

  • „Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.“
  • „Ausgaben sind für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.“

Entscheidend ist, was „auf deinem Konto“ passiert. Es kommt grundsätzlich also nicht darauf an, wann …

  • eine Lieferung oder Leistung erbracht wurde,
  • die Rechnung geschrieben oder
  • die Überweisung oder Lastschrift auf den Weg gebracht wurde.

Ausschlaggebend ist vielmehr, an welchem Tag eine Einnahme oder Ausgabe auf deinem Geschäftskonto erscheint. Fallen Buchungsdatum und Wertstellungsdatum auseinander, gilt das Wertstellungsdatum. So weit, so einfach.

Grauzone beim Jahreswechsel

Doch was wäre das deutsche Steuerrecht ohne Ausnahmeregelungen? Auch bei der Zuordnung von Zahlungsvorgängen bei der EÜR gibt es Sonderfälle. Die ersten Ausnahmen findest du im bereits erwähnten § 11 EStG:

„Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, gelten als in diesem Kalenderjahr bezogen.“ Für Ausgaben gilt diese Vorschrift sinngemäß ebenfalls.

Regelmäßige Einnahmen und Ausgaben

Zu den regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben zählen zum Beispiel:

  • Mieten,
  • Versicherungen,
  • Gehälter,
  • Zinsen,
  • monatliche Wartungs- oder Servicepauschalen,
  • Umsatzsteuerzahlungen ans Finanzamt und
  • Umsatzsteuererstattungen vom Finanzamt.

Als „kurze Zeit“ vor und nach dem Jahreswechsel gilt eine Frist von plus/minus 10 Tagen – das heißt, der Zeitraum zwischen dem 22. Dezember und dem 10. Januar des Folgejahres.

Beispiele:

  • Die Mieteinnahme für den Monat Dezember 2018, die am 5. Januar auf deinem Konto eingeht, gehört wirtschaftlich in die EÜR des Jahres 2018.
  • Die Versicherungsprämie für das Jahr 2019, die schon am 28. Dezember 2018 von deinem Konto abgebucht wird, fließt in die EÜR des Jahres 2019 ein.

Ein Wahlrecht gibt es hierbei grundsätzlich nicht. Da die wiederkehrenden Zahlungen in der Regel in annähernd gleicher Höhe anfallen, spielt es langfristig keine große Rolle, welchem Wirtschaftsjahr sie zugeordnet werden. Durch die erstmalige korrekte Anwendung der Jahresabgrenzung kannst du jedoch zumindest einmalig den Einnahmenüberschuss eines bestimmten Jahres nach oben oder unten korrigieren.

Überpünktliche Umsatzsteuervoranmeldung

Besonders geeignet für diese Form der Gewinnkosmetik sind Umsatzsteuerzahlungen. Angenommen, dein Geschäftsjahr 2018 war besonders erfolgreich und du suchst nach einer Möglichkeit, den Einnahmenüberschuss noch ein wenig zu senken:

  • Erstelle Anfang Januar 2019 die Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember (bzw. das vierte Quartal) des Jahres 2018 und
  • überweise die fällige Umsatzsteuer-Zahllast noch vor dem 10. Januar ans Finanzamt.

Vorzeitige Steuerzahlungen sind auch dann möglich, wenn du ansonsten eine Dauerfristverlängerung in Anspruch nimmst. Monatsmelder können durch rechtzeitige Zahlung sogar die Umsatzsteuervorauszahlungen von gleich zwei Monaten in der EÜR des Jahres 2018 geltend machen. Diese würden sich bei üblicher Zahlweise erst im Jahr 2019 auswirken.

Praxistipp:

Falls du dem Finanzamt ein Lastschriftmandat erteilt hast, wird die fällige Zahllast normalerweise erst bis zu vier Wochen nach der Voranmeldung vom Konto abgebucht. Um das zu verhindern, kannst du dein Lastschriftmandat vorübergehend widerrufen und die fälligen Umsatzsteuerzahlungen ausnahmsweise eigenhändig überweisen.

Andere Ausnahmen vom Zu- oder Abflussprinzip

Neben den regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen gibt es noch weitere Zuordnungsausnahmen in der EÜR-Jahresabgrenzung:

  • Bei EC- und Kreditkartenzahlungen entscheidet das Datum des Buchungsbelegs oder das Kaufdatum bei Onlinezahlungen.
  • Bei Scheckzahlungen kommt es auf den Tag der persönlichen Übergabe oder der Einreichung bei der Post an.

Allgemeine Umsatz- und Gewinnkosmetik

Nicht vergessen: Rund um den Jahreswechsel kannst du nicht nur mithilfe der 10-Tagesfrist Einfluss auf deinen steuerpflichtigen Gewinn nehmen. Um den Gewinn zu senken, kannst du:

  • mit dem Ausstellen von Ausgangsrechnungen bis zum neuen Jahr warten,
  • deine Kunden bitten, mit der Bezahlung bereits verschickter Rechnungen bis Mitte Januar zu warten,
  • Lieferanten und Dienstleister um zeitnahe Rechnungsstellung im Dezember bitten (und die Eingangsrechnungen noch vor Jahresende bezahlen),
  • geplante Anschaffungen fürs neue Jahr vorziehen,
  • die oft vergessenen Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe gemäß § 7g EStG geltend machen und
  • den Investitionsabzugsbetrag (IAB) bilden oder erhöhen. Dafür hast du sogar bis zur Steuererklärung Mitte 2019 Zeit.

Wichtig: IAB-Bildungen und -Auflösungen werden außerhalb der Einnahmenüberschussrechnung vorgenommen und wirken sich nur auf die Höhe der fälligen Einkommensteuer aus. Umsatzsteuer-Obergrenzen (wie die der Kleinunternehmerregelung) kannst du über den IAB nicht beeinflussen.

Erwartest du ein brummendes Jahr 2019 und möchtest daher möglichst viele Einnahmen vorziehen oder Ausgaben auf 2019 verschieben? Dann dreh die genannten Maßnahmen einfach sinngemäß um!

Artikel zu ähnlichen Themen